Customer Self Service ist ein wichtiges Werkzeuge im Kundenservice und ein Merkmal der Self Service-Kultur in der Gesellschaft. Kunden wollen proaktiv nach Problemlösung recherchieren, rund um die Uhr und über jeden Kommunikationskanal hinweg. Doch was zeichnet einen erfolgreichen Customer Self Service aus? Und wie setzt ein Unternehmen diesen Service-Kanal gewinnbringend ein? Wir zeigen, auf was zu achten ist.
Customer Self Service bedeutet, Hilfe zur Selbsthilfe für Kunden. Innerhalb dieser Dienstleistung findet ein Nutzer selbst Antworten auf sein Anliegen. Damit unterscheidet sich der Customer Self Service mit wenigen Ausnahmen zu klassischen Kundenservice-Kanälen, wie Call-Center oder Shop, die auf persönlichen Kontakt zum Kunden setzen.
Bekannte Beispiele für Customer Self Service kommen aus dem stationären Handel: Eine Kasse für Selbstzahler in Supermärkten und Möbelhäusern, Ticketautomaten für öffentliche Verkehrsmittel oder das Tanken an Tankstellen. Dieses Service-Konzept wird aber auch im Online-Bereich - hier Online Self Service oder Web Self Service genannt - immer stärker eingesetzt. Ziel ist es die Customer Experience zu erhöhen.
Kunden nutzen den digitalen Customer Self-Service schon lange, ob beim Online-Banking, Konzert- oder Flug-Tickets buchen oder im Online-Shop. Sie schätzen die Herausforderung nach einer passenden Lösung zu suchen und ihr Anliegen zu beheben. Der Kunde nimmt also sein „Schicksal“ selbst in die Hand – mit positiven Konsequenzen für Unternehmen.
Die Support-Möglichkeit kann unterschiedlich gestaltet sein - von der Unternehmensseite bis hin zum Social Media Kanal - somit kommen verschiedene Customer Self Service Systeme zum Einsatz.
Laut der Studie “The new rules of customer engagement” von 2019 sind die Erwartungen der deutschen Verbraucher an den Kundenservice um 50 Prozent gestiegen im Vergleich zu den letzten beiden Jahren. Das bedeutet, dass das letzte beste Serviceerlebnis die Mindestanforderung für den zukünftigen Kontakt mit dem Support ist. Auch ändert sich Anzahl und Auswahl der Kanäle: 67 Prozent der Nutzer sagen, dass sie drei oder mehrere Kontaktmöglichkeiten wählen.
77 Prozent nutzen E-MailDer direkte Kontakt mit Mitarbeitern ist nach wie vor wichtig, doch die Nachfrage nach einem Online Self Service steigt: 30 Prozent der deutschen Kunden verlangen ein Online Help Center und FAQs. Eine Forrester-Umfrage von 2016 kommt zu dem Schluss, dass 76 Prozent der international befragten Kunden einen Online Self Service nutzen.
Auf einen online Customer Self Service setzten Kunden, die sich erst außerhalb der regulären Supportzeiten um ein Problem kümmern können. Ein zeitgemäßer Kundenservice muss sich von den üblichen Geschäftszeiten lösen. Diese Kundengruppe erwartet von einem Customer Self Service im Web eine zeitsparende und flexible Alternative zu den klassischen Support-Kanälen. Kunden mit einer Do-It-Yoursel-Mentalität nutzen auch diesen Kanal. Diese Gruppe nimmt ein Anliegen als persönliche Herausforderung und möchte es selbständig lösen.
Laut der Studie “The new rules of customer engagement” wünschen sich Kunden einen proaktiven Support. Ein online Customer Self Service deckt dieses Kundenbedürfniss ab und Automatisierung und smarte Systeme unterstützen Unternehmen bei diesem Vorhaben.
Der online Customer Self Service bietet verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Customer Self Service-Systemen an. Je nach Support-Umfang und Ressourcen, sollte ein Unternehmen sich für mindestens eine Variante entscheiden.
FAQ (frequently asked questions)
FAQ ist die einfachste Form eines Customer Self Services: Die am häufigsten gestellten Kundenfragen stehen in einer Übersicht auf der Unternehmensseite. Kunden können die Antworten auf ihre Fragen einfach nachlesen. Unternehmen sollten jedoch für eine gute Customer Experience über statische FAQ-Listen hinausgehen.
Unser Tipp:
die am häufigsten geklickten Fragen erscheinen zu Beginn der Übersicht
Suchfunktion
Unser Tipp:
Livechat
Unser Tipp:
fest zugeteilte Mitarbeiter sollten Abfragen umgehend beantworten
Community/Forum
Community/Forum steht unter dem Zeichen „Kunden helfen Kunden“. Kunden stehen mit anderen Kunden in persönlichem Kontakt und unterstützen sich gegenseitig bei der Lösungsfindung von Anliegen. Die Community oder das Forum steht dem Kunden 24/7 zur Verfügung – erarbeitete Lösungen bleiben jederzeit abrufbar.
Unser Tipp:
einen passenden Kanal identifizieren (Forum-Seite, Twitter, Facebook-Gruppe,…)
Ein gelungenes Beispiel bietet die Telekom mit ihrer Seite Telekom hilft Community. Kundenberater, Community Manager oder auch Guides begleiten die Community und sorgen so für einen konstruktiven Informationsaustausch. Über 3 Millionen Beiträge wurden bis dato von mehr als 1.2 Millionen Mitglieder verfasst.
Chatbot
Ein Chatbot bietet Nutzern einen Customer Self Service mit Interaktion, aber oft ohne menschliche Beteiligung: Kunden kommunizieren mit einem textbasierten Dialogsystem über ihre Anliegen. Chatbots gibt es in verschiedene Ausführungen. Zum einen führen sie Kunden durch Anliegen mit vorgefertigten Dialogen und eingebauter Antwortfunktion (beispielsweise Ja/Nein-Buttons). Der Dialog und die Interaktion sind hier nicht flexibel. Zum anderen gibt es Chatbots mit künstlicher Intelligenz. Sie lernen aus den verschiedenen Anliegen, geben immer bessere Antworten und reagieren flexibel auf Nutzeranfragen. Bei KI-basierten Bots sind folgende Punkte zu bedenken:
Unser Tipp:
Eine Customer Self Service-Strategie kann den Support eines Unternehmens sinnvoll ergänzen – doch Selbsthilfe benötigt eine gute Auswahl und einfache Aufbereitung von Inhalten. Kundenbedürfnisse müssen vor- und mitgedacht sowie benutzerfreundlich aufbereitet sein.
Die richtige Auswahl treffen
Entscheidend für die Inhalte sind, die häufigsten Fragen der Nutzer zu identifizieren. Hier empfiehlt sich, erfahrene Call Center-Agenten, Shop-Mitarbeiter und Außendienstler einzubinden. Verantwortliche sollten die Inhalte regelmäßig prüfen, um Lücken festzustellen und diese zu ergänzen.
Aufbereitung der Inhalte - Do you know what I mean?
Die Inhalte müssen für die KUNDEN formuliert und aufbereitet sein und NICHT für die internen EXPERTEN. „Keep it simple“, „step by step“ und „weniger ist manchmal mehr“ sind bei der Erstellung der Inhalte das Mantra. Ein Nutzer braucht nicht jede verfügbare Information, er benötigt das wesentliche für die Problembehebung. Wird der Kunde überfordert, schreckt er vor der vermeintlichen Komplexität des Problems zurück und verlässt den Customer Self Service rasch.
Bei der Erstellung der Inhalte ist es ratsam ein Kompetenz-Team aus den verschiedenen Abteilungen aufzubauen. So sollten neben den fachlichen Ansprechpartnern auch Grafik- und User Experience Designer mitarbeiten. Visuellen Elemente werden dadurch qualitativ hochwertig und die Customer Self Service-Anwendung so gestaltet, das die anvisierte Zielgruppe die gewünschten Inhalte problemlos findet.
Unterschiedliche Darstellungsformen wie Bilder, Screenshots, Grafiken, Videos oder Audio-Erklärungen unterstützen, Inhalte hilfreich, relevant und verständlich aufzubereiten. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten den Kunden Themen näher zu bringen, so z.B. via Schritt-für-Schritt-Erklärungen, How-To-Videos, Kalkulatoren oder Checklisten. Vergleichstabellen zur Recherche von Tarifen und Preisstaffelungen sollten unbedingt integriert werden. Die Lösungswege müssen aktuell sein und zu den neuesten Produkten, Features und Dienstleistungen des Unternehmens passen.
Checkliste zur Inhaltsaufbereitung: |
Sind die Hauptanliegen der Kunden identifiziert Sind erfahrene Service-Agenten aus verschiedenen Bereichen eingebunden? Sind die Inhalte für Kunden geschrieben? Sind die Inhalte kurz und verständlich? Kommen verschiedene Medienformate an geeigneter Stelle vor? Stimmen die Inhalte mit den aktuellsten Produkten überein? |
Der Customer Self Service ist ein zusätzliches Support-Angebot und sollte deshalb nicht isoliert von den übrigen Service-Kanälen betrieben werden. Es ist wichtig den Kunden das Gefühl zu vermitteln, dass der Kundenservice jederzeit für sie da ist. Es ist daher sinnvoll, ab einer gewissen Größe und gewünschten Professionalität, den Support mit einer intelligenten Software-Lösung zu unterstützen.
Eine Single Source of Truth-Lösung kann dabei der richtige Ansatz sein. Die "Einzige Quelle der Wahrheit", ist ein Konzept mit dem sichergestellt wird, dass alle Mitarbeiter eines Unternehmens bei geschäftlichen Aktivitäten auf die gleichen Informationen zurückgreifen. Durch die Integration der Kanäle in ein smartes System haben beispielsweise alle Mitarbeiter entlang der E2E-Supportkette Zugriff auf alle in den Kanälen erzeugten Daten. Sie können bei einem Channel-Share des Kunden genau an dem Punkt ansetzen, an welchem der Nutzer, beispielsweise im Self Service, ausstieg. Smarte Systeme ersparen Kunden so Informationen zu wiederholen oder bereits vollzogene Lösungsschritte nochmals durchzuführen.
Um von diesen Vorteilen zu profitieren, sollten die Kanäle einfach in die smarte Lösung implementiert werden können. Auch sollten Verantwortliche darauf achten, dass die Lösung verschiedene Systeme integrieren und auch unterschiedliche Datenquellen ansteuern kann. Das reduziert die Integrationsaufwände und unterstützt den Support schneller mit smarter Abstimmung.
5 Tipps für einen erfolgreichen Customer Self Service |
Auf die Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Kunden eingehen Customer Self-Service so einfach wie möglich gestalten Die Inhalte regelmäßig aktualisieren Multimedial Elemente verwenden Den Customer Self-Service mit weiteren Kundenkontaktstellen verbinden |
Unternehmen sollten sich bei der Einführung (oder dem Ausbau) einer online Customer Self Service-Lösung einige Herausforderungen beachten:
Die Etablierung eines neuen Support-Kanals bedeutet Einführungsaufwand. Ein Unternehmen muss das und auch Zeit für den Ausbau und die Optimierung einplanen.Sind Unternehmen sich diesen Herausforderungen bewusst und planen sie mit ein, ist ein professioneller Customer Self Service möglich. Unternehmen und Kunden profitieren dann von den Vorteilen dieses Service-Kanals:
Vorteile für Kunden:
erweitertes Support-Angebot für Kunden mit Do-it-yourself-Mentalität
Vorteile für Unternehmen:
Ein online Customer Self Service verbessert die Customer Experience, wenn er anwenderfreundlich ist und relevante Inhalte dem Kunden bereitstellt. Ist er mit weiteren Support-Bereichen in ein smartes System integriert, ist auch bei einem Channel Share eine effiziente Anschlusskommunikation gegeben. Gut umgesetzt erzeugt ein Customer Self Service ein positives Gefühl beim Kunden. Das steigert die Zufriedenheit und erhöht die Kundenbindung. Die zusätzliche Erreichbarkeit durch einen weiteren Kanal kann zudem den Net Promoter Score erhöhen.
Die Swisscom AG, ein Telekommunikationsanbieter aus der Schweiz, hat Ende 2015 eine Customer Self Service-Lösung aufgebaut. Die Lösung trägt den Namen „Quick Check“ und ist ein wichtiger Baustein in der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie.
Ziel ist es, Kosteneinsparungen im Kundensupport bei gleichbleibender Support-Qualität zu erzielen. Zusätzlich sollten Kunden über diverse, frei wählbare Kommunikationskanäle eigenständig ihre Support-Anliegen bearbeiten können. Das Tool sollte multilingual, einfach zu bedienen, sowie attraktiv und zeitgemäß designed sein.
Mit einfachen, visuellen Schritt-für-Schritt-Anleitungen können Swisscom-Kunden eigenständig komplexe Diagnosen auslösen und erkannte Störungen selbst beheben. Für Mobile-Produkte sind leicht verständliche Assistenten zu Verbindungsproblemen, Gerätefehlern oder Akkuproblemen enthalten. Kann der Kunde das Problem nicht im Customer Self Service lösen, wird er weitergeleitet. Dabei entscheidet die Applikation, ob die Weiterleitung zum Second Level Support notwendig ist oder ob der Außendienst herangezogen werden muss. Sollte ein Außendiensteinsatz notwendig sein, dann kann der Kunde direkt im Tool ein Servicemitarbeiter verbindlich buchen. Auch erhalten Kunden zielgerichtete Upgrade-Angebote.
„Unser Ziel, dem Kunden ein intuitiv bedienbares Tool für die Entstörung und die Triage-Funktion des Call Centers zur Verfügung zu stellen, ist damit voll erreicht worden. Mit dem Projekt Quick Check Customer Self Ticket haben wir einen wichtigen Schritt in unserer Online Selfcare Strategie gemacht."
Titus Torri, Assurance Project & Experience Manager bei Swisscom
Wie sieht der Kundenservice der Zukunft aus? Die Frage ist eher: Wie können Unternehmen ihren Support an die existente digitale Transformation anpassen?
Die neuen Technologien verändern heute schon gravierend den Kundenservice und lösen klassische Strukturen ab. Der Support wird nicht digital – er ist es in vielen Bereichen. Kunden treiben diesen Wandel mit voran: Sie erwarten einen personalisierten Service in Echtzeit auf allen Devices. Ein gut durchdachter Customer Self Service ist ein guter Ansatz. Digitaler Kundenservice ist kein Trend, sondern ein Wettbewerb zwischen Unternehmen – kundenzentrierte Ansätze sind die klaren Favoriten. Die Herausforderung besteht darin, die unterschiedlichen Support-Kanäle zu bündeln und intelligente Systeme bieten hierzu eine Möglichkeit. Meistern Unternehmen das, bieten sie Nutzern eine positive Customer Experience und profitieren von einer verstärkten Kundenbindung. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie „State of Digital care in 2018“: 57 Prozent der Befragten verlieren das Interessen an einem Unternehmen, wenn es sie digital nicht entsprechend bedient. Die Studie sagt auch, dass 63 Prozent der Teilnehmer eine positive Erfahrung mit dem digitalen Kundenservice sehr wichtig ist. Und hier können Unternehmen ansetzten und ihren Kundenservice verbessern.